über die schönste Zeit im Jahr

16.12.2017

Nun ist es wieder so weit, wie alle Jahre wieder – es weihnachtet.  Gnadenlos. Wenn nach den letzten goldenen Sonnenstrahlem die Tage wieder kurz geworden sind, dann bricht unentrinnbar der X-Mas Virus wie eine Seuche über die Menschheit herein. Spätestens  wenn die erste Weihnachtswerbung in Radio und TV gesendet wird. Ob man will oder nicht, die sogenannte schönste Zeit des Jahres ist ausgebrochen …

Ja genau, die schönste Zeit im Jahr soll das sein. Zugegeben, in der Früh wird’s erst um ca. 8 Uhr hell, dafür wird’s ja auch schon um 16 Uhr wieder finster. Das ist natürlich sehr schön – vor allem für die, die lange schlafen können, die werden nicht durch  einen lästig kitschigen Sonnenaufgang um 4 Uhr früh gestört – und wer gerne um 18 Uhr schlafen geht, kann eine Menge Strom sparen. Dazu kommt auch noch das beste Wetter des Jahres – nämlich konstant um die Null Grad, mit periodischen Nieselregenschauern, unterbrochen von Graupel und Eis/Schneeregen. Also ideal um sich im Freien aufzuhalten, am besten auf den diversen Weihnachtsmärkten. Da steht man dann an rustikal aussehenden Tischchen neben ebenso rustikal aussehenden Verkaufsbuden und friert sich die Zehen zu gefühllosen Klumpen – dazu trinkt man dann sogenannten Punsch, also heißes Wasser mit viel Zucker, irgendwelchen bunten Zusätzen und recht viel billigem Schnaps, aus dem Plastikkanister ausgeschenkt zu Preisen, die einem schwindeln lassen würden, wäre man nicht sowieso komplett weihnachtsbenebelt. Und WC’s gibt’s auch immer viel zu wenige….

Wenn‘s dazu auch noch schneit, sammelt sich unter den tausenden herumstehenden Füßen eine Mischung aus Wasser, Streusalz und Dreck  und man steht bis zu den Knöcheln im Gatsch. Aber romantisch ist es immerhin, vor allem auch wegen der Unmengen Kitsch, den man daneben kaufen soll, von bunter Windbäckerei (die am Heimweg in der Tasche zerbröselt) bis zu aus China importierten  Plastikdrohnen im neonfarbenen Rentierdesign. Was nur irgendwie  heimelig aussieht, lasst sich prächtig verkaufen, und die vom Schnaps umnebelten Gehirne zücken willig die Geldtasche, wie es sich für den gut erzogenen Konsumenten gehört. Dann steht das Zeug  als pseudodekorativer Staubfänger herum, um dann bis nächstes Jahr in der berühmten „Weihnachtskiste“ vergessen zu werden, so dass man wieder neue urige Holzlöffeln und dergleichen kaufen kann am Weihnachtsmarkt.

Ja und dazu dröhnt ununterbrochen Musik, nämlich Weihnachtslieder, aus allen Rohren:  Es gibt offensichtlich eine unabänderlich festgesetzte Zahl von Songs, die von irgendeiner übergeordneten Instanz zu Weihnachtslieder erklärt wurden und die von allen Radiokanälen rund um die Uhr bis zum Erbrechen in unzähligen Versionen rauf und runter gespielt werden. Die handeln von  sprechenden Schneemännern, von rotnasigen Rentieren auf fliegenden Schlitten und von allgemeiner Weihnachtsseligkeit, fast immer auf Englisch und unablässig begleitet von den unvermeidlichen Schlittenglocken  – denn wenn wo Glöckchen dran  sind, muss es was mit Weihnachten zu tun haben. Wenn einem Musikproduzenten nix einfällt, dann nimmt er ein paar gesamplete Glocken und HURRA wir haben ein Weihnachtslied. Die Schlitten, auf dem die Glocken drauf sein sollten, gibt’s höchstens am Nordpol, aber wer will da schon wohnen, und außerdem haben die wenigen Bewohner der Arktis längst Motorschlitten. Und überhaupt ist an einer Polarnacht absolut nichts romantisch, bei Eiswind und Temperaturen unter minus 30 Grad. Zugegeben, es gibt einige wenige wirklich schöne Weihnachtslieder, aber die wären auch ohne Weihnachten einfach nur schöne Lieder..

Und dann ist da ja noch der Weihnachtsmann!! Was ist das denn eigentlich für ein Typ, den man da aus den USA importiert hat? Anstatt sich nun das Jahr über ein alltagstaugliches Quentchen Kindlichkeit zu bewahren, wird die gesamte Sehnsucht nach etwas, an das man glauben könnte,  auf einen alten  dicken Kerl mit weißem Bart projeziert, der „Ho-Ho-Hooo“ brüllend Geschenke verteilt. Und darum geht es eigentlich, um Geschenke  nämlich. „Schenken Sie!!!“ trichtert uns die Werbung ein, und hat natürlich gleich die passende Lösung, nämlich die „Ideale Geschenkidee“. Dazu ist echt alles tauglich, vom passenden Stromtarif über natürlich das neueste Handy bis hin zum  Fleischklumpen aus der Fast Food Kette. Egal um welches Produkt es sich handelt, mit ein paar Schneeflocken und Sternchen in den Anzeigen und Spots ist es schon verweihnachtet. In den Werbespots sieht man auf modern getrimmte Typen mit modischem Bart und Hornbrille, die zur Bescherung zum ersten und einzigen Mal im Jahr statt des Anzugs einen buntgestrickten Almhüttenpullover tragen und von einer natürlich super jungen Frau in Stil und Figur eines Supermodels selig umarmt werden, weil sie endlich das wundervolle Parfum bekommen hat, das sie zur Erlangung des ultimativen Glücksgefühls unbedingt benötigt hatte. Die beiden haben natürlich zwei perfekt Kinder, einen Autobegeisterten Buben und ein Barbie spielendes Mädchen…

Erstaunlich ist auch, daß in den Werbespots nur glückliche Familien vorkommen. Mit 2 Kindern, wohnhaft in einer traumhaften Wohnung oder Haus (mit neonbeleuchtetem Plastiksanta am Dach) und offensichtlich ausreichend Kohle. Da kommen keine Rollstuhlfahrer vor, keine Kranken, keine erschöpften Fließbandarbeiter, Alleinerzieherinnen und Kinettengraber, und schon gar keine einsame Menschen. Die Botschaft ist klar: krank, einsam und pleite hat man nicht zu sein, und was nicht sein darf, das gibt es einfach nicht, ist nicht vorgesehen…  Was für eine Zumutung für die, die sich den Konsumwahnsinn nicht leisten können, ständig daran erinnert zu werden, daß sie nicht zu den wohlhabenden Erfolgreichen gehören.

Und alle Jahre wieder das gleiche Spiel: „diesmal machen wir es anders, diesmal schenken wir einander nichts“ – und dann türmen sich wieder die Haufen an unsinnigen Zeugs (verpackt in Unmengen Sondermüll) und man zuckt die Achseln „is ja nur eine Kleinigkeit“ vor lauter Angst, schief angeschaut, doch nicht geliebt zu werden.

Früher gab es wenigstens das Christkind, das war viel sympathischer, leiser, nicht so aufdringlich, nicht so fordernd. Aber es ist kein Wunder, dass der Weihnachtsmann das Christkind längst verdrängt hat, denn wenn es das Christkind wirklich gäbe, hätte es den Weihnachtsmann längst erschossen (oder mit Geschenkpapier erstickt..)

Weihnachten ist mutiert zu einer Chimäre, einer Blase voller Illusionen, einem aussagekräftigen Symbol für den neuen „-ismus“ unserer Zeit, nämlich dem Konsumismus – als direktem Nachfahren der allumfassenden Religiosität früherer Jahrhunderte (der man sich ebenso nicht entziehen  konnte) und den prägenden Ideologien des letzten Jahrhunderts. Und wie alle diese „-ismen“ der Vergangenheit beruht auch der aktuelle auf einer blanken Lüge, und erzählt uns den vollkommensten Schwachsinn, dem wir alle bereitwillig nachlaufen, weil wir dran glauben wollen, dass wir Wärme und Liebe kaufen können, weil man einfach dabei sein muss, weil es alle anderen auch so machen und weil die Menge der Menschen, die selber denkt und für sich entscheidet, immer schon kleiner war als die Menge derer, die nach vorgefertigten Schablonen leben. Und jedes Jahr wieder stöhnen die Menschen über den Stress, hetzen im  Dezember bei Eis und Schnee durch die Konsumtempeln und rennen von einer Weihnachtsfeier zur nächsten, anstatt sich hinterm warmen Ofen zu verkriechen und gemütlich drauf zu warten, daß die Tage wieder länger werden.

Eigentlich ist Weihnachten fast ein wenig so wie Krieg: Alle sind irgendwie dagegen, aber alle machen mit …. – aber soll die Menschheit doch immerhin lieber Weihnachten als Kriege veranstalten, aber muss man denn deswegen wochenlang rund um die Uhr damit belästigt werden?

Abschließend stellt sich die Frage, wie denn eigentlich Truthähne, Gänse oder Karpfen über Weihnachten denken…….

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